Der Notar als Gerichtskommissär

Der Notar hat im österreichischen Verlassenschaftsverfahren eine sehr wichtige Funktion: Er ist als Beauftragter des Gerichts als sogenannter „Gerichtskommissär“ tätig und führt wesentliche Verfahrensschritte durch. Er erhebt die gesetzlichen Erben, fragt das Zentrale Testamentsregister ab, übermittelt die Testamente an die gesetzlichen Erben, verständigt die Legatare, setzt Maßnahmen zur Sicherung des Nachlasses, erhebt die Aktiven und Passiven des Nachlasses, erstellt Erbteilungs- und Pflichtteilsübereinkommen, sichert die Interessen pflegebefohlener Erben, Legatare und Pflichtteilsberechtigter sowie die Interessen der Gläubiger.

Das österreichische Verlassenschaftsverfahren ist somit im internationalen Vergleich als stark ausgeprägt anzusehen. Dies hat den Vorteil, dass der Vermögensübergang wohl geordnet unter Berücksichtigung der Interessen der Pflichtteilsberechtigten und der Gläubiger erfolgt und Rechtsstreitigkeiten die Ausnahme sind.

Als „Gerichtskomissär“ hilft der Notar den Beteiligten unabhängig und unparteiisch bei der Abwicklung des Verfahrens und informiert sie umfassend über ihre Rechte und Pflichten. Der Notar begleitet von der ersten Besprechung (Todesfallaufnahme) bis zur Beendigung des Verfahrens. Er unterstützt sie als erfahrener Jurist bei der Abwicklung des Erbes, aber auch nach dem Ende des Verlassenschaftsverfahrens, z.B. bei Eintragung Ihres Eigentumsrechts im Grundbuch oder im Firmenbuch.

Die im Todesfall vorzunehmenden Schritte finden Sie im Internet unter: http://www.help.gv.at/Portal.Node/hlpd/public/content/19/Seite.190000.html.

Todesfallaufnahme:

Bei Vorliegen eines Sterbefalls schickt das Standesamt automatisch eine Sterbemitteilung an das zuständige Bezirksgericht, welches das Verlassenschaftsverfahren einleitet und den Akt dem zuständigen Notar als Gerichtskommissär zur weiteren Bearbeitung übermittelt.

Der Gerichtskommissär lädt daraufhin dem Erblasser nahestehende Personen wie die Erben oder Vermächtnisnehmer zur Errichtung der Todesfallaufnahme ein, die als Grundlage für das weitere Verlassenschaftsverfahren dient.

In Unterstützung der Maßnahmen der Bundesregierung im Zusammenhang mit der aktuellen Situation betreffend COVID-19 (Corona-Virus) bieten wir derzeit an, die für die Todesfallaufnahme erforderlichen Informationen nach Ihrer Wahl auch entweder telefonisch oder elektronisch via e-mail zu erheben.

Wir bitten Sie daher um ehestmögliche telefonische Kontaktaufnahme mit unserer Kanzlei, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Eine Terminvereinbarung zur Errichtung der Todesfallaufnahme ist natürlich ebenfalls möglich.

Formular zur Vorbereitung der Todesfallaufnahme

Zur Vorbereitung Ihres Termins können Sie dieses Dokument vorausfüllen, elektronisch zur Vorbereitung zu übermitteln und zum Unterfertigungstermin beim Gerichtskommissär mitbringen.

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Belege für das Verlassenschaftsverfahren können Sie über diesen Link übermitteln!

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Schusswaffen

Sollte der Verstorbene Schusswaffen besessen haben, beachten Sie bitte folgendes Informationsblatt:

zum Informationsblatt

Wer Schusswaffe(n) der Kategorie B eines Verstorbenen in seiner Obhut hat, muss unverzüglich seine Waffenbehörde (Bezirkshauptmannschaft) verständigen. Dies gilt unabhängig davon, ob das Verlassenschaftsverfahren bereits abgeschlossen ist. Damit ist jedermann verpflichtet, der in der Zeit zwischen dem Tod des Erblassers und der Einantwortung die Waffen verwahrt oder für ihre Verwahrung zuständig ist. Nach einer entsprechenden Anzeige wird die Behörde unverzüglich entscheiden, ob eine Sicherstellung oder Beschlagnahme (§ 39 VStG) anzuordnen oder eine sonstige Anordnung zur sicheren Verwahrung des Nachlasses zu treffen ist.

Grundzüge des österreichischen Verlassenschaftsverfahrens

Allgemeines

Der Rechtserwerb des Erben erfolgt nicht eo ipso, sondern erst nach Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens. Der Erbe muss eine Erbantrittserklärung abgeben – gibt er eine unbedingte Erbantrittserklärung ab, so haftet er für Schulden und Passiven in voller Höhe. Gibt er eine bedingte Erbantrittserklärung ab, so haftet er nur bis zur Höhe der übernommenen Aktiven. In diesem Fall muss die Höhe der Aktiven durch Sachverständigengutachten festgestellt werden.

Zuständige Behörde

Das Verlassenschaftsverfahren wird vom Bezirksgericht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts durchgeführt, wobei die meisten Verfahrenshandlungen vom Notar als Beauftragter des Gerichtes (sogenannter Gerichtskommissär) durchgeführt werden.

Die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes erstreckt prinzipiell gemäß den Bestimmungen der Erbrechtsverordnung auch auf im europäischen Ausland befindliches Vermögen einer Person, die ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Österreich hatte.

Der Gerichtskommissär führt auch jene Verfahren durch, bei denen es in Folge Überschuldung keine Erbantrittserklärungen gibt.

Eintritt der Universalsukzession – die Einantwortung

Am Ende des Verfahrens wird vom Gericht der sogenannte Einantwortungsbeschluss erlassen, in dem der/die Erbe(n) und die Erbquoten genannt werden. Mit diesem Beschluss tritt ex lege der Übergang aller Rechte und Pflichten auf den Erben ein (Universalsukzession).

Zwischen dem Erbfall und der Einantwortung entsteht der sog. ruhende Nachlass (hereditas iacens), welcher eine juristische Person ist. Die Verwaltung und Vertretung des ruhenden Nachlasses erfolgt durch den/die Erben, sobald zum gesamten Nachlass Erbantrittserklärungen abgegeben wurden.

Die Einantwortung bewirkt den Rechtsübergang eo ipso, sodass keine Übertragungsakte erforderlich sind. Bei Immobilien wird in der Folge das Eigentumsrecht im Grundbuch eingetragen. Dies hat aber lediglich deklarativen Charakter. Im Gegensatz dazu erwerben Legatare nur dann Eigentum an Immobilien, wenn ihr Eigentumsrecht im Grundbuch eingetragen wurde. Zu diesem Zweck muss das Verlassenschaftsgericht für die in Österreich gelegenen Immobilien eine sogenannte Amtsbestätigung ausstellen, wofür allerdings die Zustimmung des Erben erforderlich ist. Mit der Amtsbestätigung kann beim Grundbuchsgericht der Antrag auf Einverleibung des Eigentums für den Legatar gestellt werden kann.

Erbschaftssteuer, Grunderwerbsteuer

In Österreich wurde die Erbschafts- und Schenkungssteuer im Jahre 2008 aufgehoben.

Beim Erwerb von Immobilien ist folgendes zu bezahlen:

  • Grunderwerbsteuer und
  • gerichtliche Eintragungsgebühr

Gerichtskommissionsgebühr

Die Gebühren des Gerichtskommissärs für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens berechnen sich nach dem Gerichtskommissionstarif.


Gerichtspauschalgebühr

Weiters ist an das zuständige Bezirksgericht die Abhandlungspauschalgebühr zu entrichten.

Das österreichische materielle Erbrecht

Allgemeines

Das österreichische Erbrecht ist durch das Prinzip der Familienerbfolge geprägt. Der Nachlass soll den Blutsverwandten, vor allem den Kindern und dem Ehegatten des Erblassers zufallen. Weiters maßgeblich ist das Prinzip der Testierfreiheit. Das österreichische Recht hat eine „mittlere Lösung“ gewählt, bei der das Pflichtteilsrecht den Ausgleich erstellt. Bestimmte nahe Angehörige (Kinder und Ehegatte) haben Anspruch auf die Hälfte des Nachlasses.

Wesentlich ist weiters die Unterscheidung zwischen Gesamtrechtsnachfolge und Einzelrechtsnachfolge: Der Erbe wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers und erwirbt durch einen einzigen Akt (=die Einantwortung) den ganzen Nachlass oder einen quotenmäßig bestimmten Teil davon und tritt damit in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Davon zu unterscheiden sind die Legatare, welche als Einzelrechtsnachfolger Ansprüche auf bestimmte Vermögensstücke des Nachlasses haben. Es handelt sich um einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben und ist somit ein Damnationslegat (und kein Vindikationslegat). Auch die Pflichtteilsberechtigten haben lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben, wobei es sich um einen reinen Geldanspruch handelt.


Letztwillige Verfügungen (Testament)

Das österreichische Recht kennt das eigenhändige Testament (gesamter Text selbst geschrieben und unterschrieben), das fremdhändige Testament (mit drei Zeugen) und das öffentliche Testament vor dem Notar oder Gericht. Errichtet der Notar ein Testament, hat er es zu verwahren und im österreichischen Zentralen Testamentsregister zu registrieren. Hierbei wird nicht das Testament selbst in ein Register gestellt, sondern lediglich die Tatsache, von wem ein Testament wo hinterlegt wurde. Dieses Testamentsregister wird in jedem Verlassenschaftsverfahren abgerufen, sodass sichergestellt ist, dass der Wille des Erblassers zum Tragen kommt.

Neben den Testamenten gibt es auch erbrechtliche Verträge wie den Erbvertrag, den Schenkungsvertrag auf den Todesfall, Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge etc, welche nicht frei widerrufbar sind. Auch diese werden im zentralen Testamentsregister registriert.


Das gesetzliche Erbrecht

Errichtet der Erblasser kein Testament, so tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Erbberechtigt sind die Verwandten nach dem sogenannten Parentelensystem. Die erste Parentel sind die Kinder, die zweite Parentel die Eltern und deren Nachkommen, usw. Weiters ist gesetzlicher Erbe der Ehegatte, ausnahmsweise der Lebensgefährte. Der Ehegatte erhält neben Kindern ein Drittel des Nachlasses (die Kinder erhalten somit zwei Drittel), sonst erhält der Ehegatte zwei Drittel des Nachlasses.


Das Pflichtteilsrecht

Die Nachkommen und der Ehegatte haben Anspruch auf den Pflichtteil, welcher die Hälfte der gesetzlichen Erbquote beträgt. Zur Bemessung des Pflichtteils muss mangels Einvernehmen der Nachlass durch Sachverständige geschätzt werden.